Stern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktiv
 

Daniel, wie bist du überhaupt zur Musik gekommen – und speziell zum Euphonium?
Zur Musik bin ich durch meine Familie gekommen. Meine Schwester ist neun Jahre älter als ich und hat in meiner Kindheit viel Klavier und Cello gespielt. Ich wollte deshalb schon mit fünf Jahren Klavierunterricht nehmen. Zum Euphonium kam ich später über den Musikverein Kronau. Dort gab es ein „Instrumentenkarussell“, bei dem man verschiedene Instrumente ausprobieren konnte. Als ich das Euphonium zum ersten Mal gehört habe, war ich sofort fasziniert von seinem warmen, gesanglichen Klang. Ich war vielleicht zehn oder elf Jahre alt, und seitdem hat mich das Instrument nicht mehr losgelassen.

Was fasziniert dich am Euphonium im Vergleich zu anderen Blechblasinstrumenten?
Das Euphonium hat eine Klangfarbe, die für mich einzigartig ist. Es verbindet die Kraft eines tiefen Blechinstruments mit einer Wärme, die fast wie Gesang klingt. Man kann lyrisch spielen, aber auch technisch und dynamisch sehr viel ausdrücken. Diese Vielseitigkeit macht das Instrument für mich so besonders. Es kann sprechen, singen, erzählen, und das fasziniert mich immer wieder.

Wann wusstest du, dass Musik mehr als nur ein Hobby für dich ist und du die Musik zum Beruf machen möchtest?
Das war während des ersten Corona-Lockdowns 2020. Ich hatte immer viele Interessen, auch in Richtung Physik und Mathematik. Aber in dieser Zeit wurde mir klar: Nichts erfüllt mich so sehr wie Musik live zu spielen und Menschen damit zu erfreuen. Das ist für mich wichtiger als jede technische oder künstlerische Perfektion.

Gab es Musikerinnen oder Musiker, die dich besonders geprägt oder inspiriert haben?
Ganz besonders Steven Mead, bei dem ich auch studiert habe. Ihn habe ich zuerst in Ubstadt und später in Augsburg kennengelernt, und er hat mir eine völlig neue Welt des Musizierens eröffnet. Außerdem haben mich Thomas Rüedi, Robbert Vos und Morgan Griffiths beeinflusst. Jeder von ihnen hat mir eine andere Facette des Euphoniums gezeigt, und diese Vielfalt hat meinen Zugang zum Instrument sehr geprägt.

Welche Stationen deines musikalischen Werdegangs waren für dich besonders wichtig oder prägend?
Eine entscheidende Zeit war mein Studium am Royal Northern College of Music in Manchester. Diese Jahre waren intensiv, fordernd und unglaublich inspirierend. Ebenso wichtig waren meine frühen Erfahrungen im Verbandsjugendorchester Rhein-Neckar mit Dominik Koch und im Sinfonischen Jugendblasorchester Baden-Württemberg unter Felix Hauswirth. Dort habe ich gelernt, was gemeinsames Musizieren wirklich bedeutet. Heute prägt mich vor allem die Arbeit mit der Hammonds Band in England, wo ich als Principal Euphonium spiele. Diese Gemeinschaft ist musikalisch und menschlich etwas ganz Besonderes.

Wie würdest du deinen musikalischen Stil oder deine Herangehensweise an ein Werk beschreiben?
Ich möchte, dass Musik etwas erzählt. In jedem Stück suche ich nach einer Geschichte oder einer Emotion, die ich mit dem Publikum teilen kann. Mir geht es nicht um technische Brillanz, sondern um Ausdruck und Tiefe. Musik soll ehrlich klingen: authentisch, menschlich und berührend.

Welchen Tipp hast du für junge Blasmusikerinnen und -musiker, die auch eine Profi-Laufbahn einschlagen möchten?
Bleibt zuverlässig, freundlich, neugierig und pünktlich! Das klingt simpel, ist aber entscheidend. Außerdem sollte man nie vergessen, warum man Musiker geworden ist. Es geht nicht darum, perfekt zu sein, sondern darum, etwas auszusagen und Menschen zu bewegen.

Wenn du gerade nicht musizierst – womit verbringst du deine Zeit am liebsten?
Ich bin gern draußen, am liebsten laufend oder wandernd. Bewegung in der Natur ist für mich der beste Ausgleich. Besonders mag ich den Peak und Lake District, aber eigentlich zieht es mich immer wieder in die Alpen. Beim Laufen höre ich oft politische Podcasts, das bringt mich auf neue Gedanken. Und neulich habe ich zufällig Disc-Golf entdeckt – spielerisch, aber überraschend anspruchsvoll!

Daniel, du bist Solist beim Spätjahrskonzert des Musikvereins Östringen – wie kam die Zusammenarbeit zustande?
Ich kenne einige Mitglieder des Musikvereins schon länger, unter anderem Claudia Hoffmann. Als ich erzählt habe, dass ich nach meinem Studium in England wieder stärker in der deutschen Blasmusikszene aktiv werden möchte, war die Idee schnell geboren. Isabel González Villar, die Dirigentin, hat mit mir gemeinsam das Programm entwickelt. Sie hat eine großartige musikalische Vision, und ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit.

Was verbindest du persönlich mit dem Musikverein Östringen?
Auch wenn ich nie Mitglied war, kenne ich viele Gesichter im Orchester. Ich habe viele Jahre an der Städtischen Musik- und Kunstschule sowie am Leibniz-Gymnasium verbracht. Der Musikverein Östringen hat für mich eine besondere Mischung aus Gemeinschaft und musikalischem Anspruch. Diese Kombination kenne ich sonst nur aus England und sie macht den Verein stark und einzigartig.

Du spielst als Profi mit einem Amateur-Orchester zusammen. Was macht für dich den Reiz dieser Zusammenarbeit aus?
Für mich gibt es keine Profis oder Amateure, wir sind alle Musikerinnen und Musiker. Der Reiz liegt darin, dass wir dieses Konzert nicht für Fachleute spielen, sondern für ein breites Publikum. Ich hoffe, dass dabei vielleicht der eine oder andere Lust bekommt, das Euphonium für sich neu zu entdecken.

Du spielst das „UFO Concerto“ von Johan de Meij – ein spektakuläres Stück. Was macht es so besonders?
Das „UFO Concerto“ ist ein großes Werk in fünf Sätzen. Es verbindet moderne Elemente mit einer sehr zugänglichen, fast filmischen Klangsprache. Man könnte sagen: ein Blockbuster für Euphonium und Blasorchester. Es hat Witz, Tiefe und viele überraschende Momente.

Der Titel klingt ungewöhnlich – worum geht es musikalisch in diesem Werk?
„UFO“ klingt im Englischen einfach so ähnlich wie „Euphonium“. Es geht also nicht um Außerirdische, sondern um eine musikalische Reise durch verschiedene Klangwelten. Das Werk bietet Raum für Entwicklung – für den Solisten, das Orchester und das Zusammenspiel zwischen beiden.

Das Euphonium steht dabei im Mittelpunkt. Welche klanglichen Möglichkeiten zeigt das Stück?
Eigentlich alle. De Meij nutzt den gesamten Tonumfang und die ganze Palette an Klangfarben, von leisen, schwebenden Momenten bis zu kraftvollen, fast orchestralen Passagen. Das Stück zeigt, wie wandelbar das Euphonium wirklich ist.

Das zweite Solo-Stück, „Concertino“ von Rolf Wilhelm, ist ganz anders angelegt. Was reizt dich an diesem Kontrast?
Das „Concertino“ ist ein echtes Juwel der deutschen Euphoniumliteratur. Es ist elegant, charmant und voller schöner Melodien. Nach dem modernen „UFO Concerto“ ist es wie ein Blick in eine andere Welt. Dieser Kontrast zeigt für mich die ganze Bandbreite des Instruments – zwischen Tradition und Moderne.

Wie gehst du an die Vorbereitung solcher anspruchsvollen Solowerke heran?
Natürlich gehört technisches Üben dazu, aber entscheidend ist die musikalische Vorbereitung. Ich überlege, welche Atmosphäre ich erzeugen möchte, welche Emotion ein bestimmter Moment trägt. Manchmal lasse ich ein Stück ein paar Tage liegen, um es dann mit neuer Perspektive zu hören. Wenn man sich auf diese Weise Zeit gibt, wird Musik lebendig.

Gibt es Passagen, die dich auch nach vielen Proben noch herausfordern?
Auf jeden Fall. Gerade im „UFO Concerto“ gibt es Stellen, bei denen das Metronom und ich noch nicht ganz einer Meinung sind. (lacht)

Auf was freust du dich am meisten beim Spätjahrskonzert?
Auf den Moment, wenn alles zusammenkommt: Publikum, Orchester, Musik. Ich nenne das den Moment der Singularität – diesen Augenblick, in dem alles im Hier und Jetzt passiert und man spürt, warum man Musik macht. Genau das ist für mich das Magische an Live-Musik.